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           Chronik der Familien Grulich


Die Grulichs in Pommern.


Einiges aus der Geschichte der Stadt Stolp

bis zu Lebzeiten Jost II. Gruwelkens.

 

von Paul Oskar Grulich (1872 - 1950)

In die kurze Zeit der Brandenburgischen Herrschaft von 1306 - 1317 fällt die Gründung der Stadt Stolp als einer deutschen Stadt auf dem linken Ufer der Stolpe im Gegensatz zu der slavischen Altstadt auf dem rechten Ufer.

Damit der bisherige offene Flecken wachse und eine Stadt werde, heißt es in der Urkunde von 1310, verliehen ihm die Markgrafen 200 Hufen Land, von denen 100 als Ackerland, 50 als Wördeland und der Rest als Wiesen und Waldung benutzt werden sollte. Sobald der Ort mit einer hölzernen Umwehrung befestigt sein würde, sollten die Bürger für 10 Jahre Abgabefreiheit genießen, dann aber wieder zu den bisherigen Verpflichtungen gehalten sein.

Vor allem sollten sie künftighin lübisches Recht und lübisches Maß benutzen dürfen, d.h. nach eigenem Gesetz Gericht und alle sonstigen städtischen Angelegenheiten verwalten lassen. Als die ersten Inhaber des städtischen Richteramtes wurden die ehrenwerten Männer Det­bern von Surechow, sein Sohn Johannes und Jo­hannes von Darsow samt ihren Erben bestellt. Diese Vögte hatten aber keine Nachfolger. Die Verhältnisse in Stolp entwickelten sich viel­mehr so schnell, daß schon in den nächsten Jahren die Consules, die späteren Bürgermei­ster und Ratsmannes an ihre Stelle traten. Der Name Johannes Darsow läßt deutlich den Weg erkennen, auf dem das lübische Recht nach Stolp gekommen ist.

Die Darsows gehörten nämlich zu den ältesten Patriziergeschlechtern von Kolberg (Riemann, Geschichte von Kolberg), das seinerzeit dasselbe Stadtrecht über Greifswald erhalten hatte. Sodaß sich ein vollständiger Stammbaum für die Herkunft des Stolper Stadtrechtes fest­stellen läßt, der seine Bestätigung in den Zeiten der Hansa findet, wo Stolp nicht al­lein politisch in Kolberg seinen Vorort, son­dern auch die erste Instanz für Appellationen in Gerichtssachen hatte, wie beide dann weiter in Greifswald und Lübeck.

Die junge Stadt ging bald schweren Zeiten entgegen. Im Jahre 1340 wurde sich von den Stettiner Herzögen, als Vormünden der Kinder des Wolgaster Herzogs Wratislaw IV. für ein Bardarlehen an den deutschen Orden verpfändet.

Der Opfermut der Bürger und ihrer Frauen, welche den Schmuck verpfändeten, gelang es, die Schulden des Landesherrn zu zahlen und aus der drückenden Gewalt des Ordens herauszukommen. Trotz aller Versprechungen verpfändeten die Herzöge die Stadt noch zweimal den Orden in den Jahren 1386 und 1388.

Auf diese Nöte bezieht sich der Denkspruch:

"O Stolp, du bis Ehrenryk
Im Lande findt man nicht dyn Glieck,
Du hast Dy dreemal, dreymal lösst vom Pande
Daß hast due roem im ganzen Lande."

Im allgemeinen war der Einfluß der Landes-herren aber sehr gering. Um ihren Besitz kümmerten sie sich persönlich wenig, sondern überließen ihre Pflichten und Rechte den Landvögten, die sie für eine Pfandsumme übernommen hatten. Nur geringe Rechte, wie das des Einlagerns, war den Fürsten geblieben und sogar hierbei mußten sie stellenweise mit den Städten um das Recht des Einreitens verhandeln.

Die anderen Legalien waren gleichfalls zum großen Teile verloren gegangen oder brachten wenig ein, da jede geregelte Finanzwirtschaft fehlte. Wirkliche Herzogliche Beamte waren überhaupt kaum vorhanden. Die Einkünfte waren so gering und gingen so unregelmäßig ein, daß die Herzöge oft darauf angewiesen waren, durch unrechtmäßigen Erwerb, Teilnahme an Fehden, Begünstigung von Raubzügen sich die notwendigsten Mittel zum Lebensunterhalt zu verschaffen. Von einem wirklichen Staatswesen war Pommern am Ende des 15-ten Jahrhunderts weiter entfernt als in der Zeit der Germanisierung.

Die Verhältnisse änderten sich, alsBogislaus X. zur Regierung kam. Während seiner Herrschaft 1474 - 1523 vereinte er zum ersten Male wieder die seit rund 200 Jahren zersplitterten pommerschen Lande von der mecklenburgischen bis zur pommerschen Grenze.

So im Besitze einer äußeren Machtfülle, wie sie kein anderer Fürst seines Geschlechtes besessen hat, unterstützt durch den Geist der Zeit, der überall auf eine Stärkung der landesherrlichen Macht hindrängte, persönlich ein Mann kluger Berechnung und kraftvoller Tat, konnte er wohl daran gehen, die Übermacht der Stände zu brechen und wenigstens den Grund zum Aufbau eines geordneten Staatswesens zu legen.

Wenn dabei Stolp auch seine politische Selbstherrlich­keit zum Teil aufgeben mußte, so erfreute sich die Stadt doch eines bemerkenswerten wirtschaftlichen Aufschwunges, obgleich sie im Jahre 1476 innerhalb von 3 Stunden bis auf das Rathaus, die Kirche des Mönchklosters und eines Hauses am Markte abgebrannt war.

Am rechten Ufer der Stolpe, die mit 3 Armen an der Stadt vorbeifloß, lag die Altstadt, der älteste und unansehnlichste Teil des Ortes. In ihn hatten die selbstbewußten deutschen Bürger die Wenden hinausgedrängt, deren kleine unscheinbare Häuser nach altem Brauch im Kreis errichtet waren. Die eigentliche deutsche Rechtsstadt lag auf dem linken Ufer.

Um 1540 schreibt der Chronist Kantzow von der Stadt:

"Sie ist nicht übrig groß; etwa 700 oder 800 Bürger, hat viele gemauerte Häuser, es sind aber wenig Häuser mit Ziegeln gedeckt."

Die Zahl der Einwohner wird also 3500-4000 betragen haben.

Die Stadt war im Wesentlichen in Dreiecksform gebaut, der Marktplatz nach altem deutschem Brauch rechteckig. Auf ihm stand das Rathaus. Vom Rathaus gingen an allen 4 Ecken die soge­nannten Lagergassen aus. An der einen Seite die Schmiede- und Langestraße, an der anderen die Mittel- und Neuthorstraße, an der 3ten die Holzenthorstraße und Marktgasse, an der letzten die Paradies- und Goldstraße. Neben diesen galten als Hauptstraßen die Wollenweber- und die Höllenstraße.

Nach Osten zu schützen die Stadt der Fluß, an der anderen Seite Wall und Graben mit 4 Schanzen. Außerdem lief um die Häuser eine hohe starke Mauer aus Felsstein und Ziegeln. Schon im 14. Jahrhundert hatten die Bürger diese Befestigung begonnen. Vier Tore führten durch die Mauer hindurch: nach Westen das Neutor, nach Norden das Holstentor, nach Osten das Schmiedetor und endlich das Mühlen­tor, das auf die Danziger Straße führte. Das Schmiedetor ist lange verschwunden. Das Holstentor wurde 1610 durch Feuer zerstört, ist aber wieder aufgebaut. Das aus dem Jahre 1400 stammende schöne Mühlentor mit seinem spitzen Dache ist Anfang 1870 völlig wiederhergestellt.

Das Neue Tor wird etwa 100 Jahre jünger sein als das Mühlentor.
Neben dem Rathaus lag, wie in fast allen deutschen Städten, der Ostmarkt, der Kirchhof mit der Stadtpfarrkirche der deutschen An­siedler, die der Jungfrau Maria geweiht war. Sie mag etwa 1350 entstanden sein. Neben diesem Hauptgotteshause nahe dem Mühlentor stand seit 1325 das Dominikanerkloster, dessen Kirche in der Mönchstraße sich bis heute erhalten hat.

Auch die Prämonstratenser hatten eine Niederlassung gegründet, ein Nonnenkloster nahe dem Holstentore, dessen Kirche am Bollwerk der Stadt dicht neben dem Fluße erbaut war. Dem heiligen Nikolaus war sie geweiht, dem Schutzpatron der Fischer und Schiffer.

Die Wenden hatten sich in der Altstadt eine eigene Petrikirche gebaut und auch im Schlosse des Herzogs befand sich eine Burgkapelle, die den Rittern und ihrem Gesinde zur Andacht diente.

Für den Rat, die Innungen und die Bürger war die Stadtpfarrkirche das allein in Betracht kommende Gotteshaus. Hier hatte der ehrbare Rat seinen Stuhl, hier hatten die Gewerke ihre Altäre und Stiftungen, hier beteten unsere Vorfahren.

Die Kirche hat, von einigen unwesentlichen Veränderungen abgesehen, die kraftvollen Züge der Zeit bewahrt, in der sie von einem frommen und selbstbewußten Geschlecht geschaffen wurde.

Im übrigen bot Stolp aber das wenig erfreuliche Bild einer kleinen Stadt im Mittelalter. Die meisten Häuser waren nicht groß. Zahlreich waren die nur aus Holz hergestellten Häuser, andere waren aus Stecken geflochten und mit Lehm verschmiert. Ohne Brandmauer schmiegt sich Haus an Haus, wenige hatten Ziegeldächer, die meisten schützte Stroh.

Nur 2 - 3 Fenster breit lagen sie an der Straße mit dem Giebel nach vorn und warfen ihr aus hölzernen Röhren das Regenwasser zu. Dahinter und dazwischen Ställe, Scheunen, Dunghaufen. Unter diesen Verhältnissen ist es verständlich, daß mehrmals große Brände die Stadt zerstörten, so 1395, 1447, 1552, 1554, 1558, 1563, 1665.

Die Straßen waren nicht gepflastert. Bei Regenwetter galt die schlechte Beschaffenheit der Wege sogar als Entschuldigungsgrund für das Fernbleiben von Ratssitzungen.

Vermehrt wurde der Schmutz durch das freiherumlaufende Vieh der Bürger, das zwischen 11 und 12 auf die Weide getrieben wurde.

Licht und Luft drang wenig in die schmalen Straßen hinein. So war es kein Wunder, daß die Sterblichkeit sehr groß war. Besonders in den Jahren 1429, 1489, 1564, 1589, 1590, 1602, 1629, 1630, 1631, 1657 hat die Pest furchtbar gewütet. Straßenbeleuchtung gab es nicht. Nur in besonderen Fällen wurden Fackeln in eisernen Tüllen an den Häusern angebracht. Die Handwerker arbeiteten zum großen Teil auf der Straße. Suchten sie abends mit den Genossen ihres Handwerkes die Trinkstube der In­nung auf, da konnten sie ihr Bier trinken, aber nur bis die Ratsglocke zum ersten Male läutete. Klang sie zum letzten Male, dann durfte niemand mehr auf der Straße sein außer den Herren des Rates, die sich von ihren Knechten mit der Leuchtfackel nach Hause geleiten lassen konnten. Besonders groß war die Zahl der Badestuben. Wenigstens alle 14 Tage mußte auch der arme Bürger sein Bad haben. Meist gehörten die Stuben der Stadt. Sie waren zugleich Anstalten zur Unterhaltung und zum Vergnügen. Gewöhnlich saßen sich zwei Leute gegenüber. Ein Brett, über die Wanne gelegt, dient als Tisch, auf dem Speisen und Getränke standen.
Im übrigen kann man sich die Ansprüche der alten Geschlechter an allen Anforderungen der Bequemlichkeit, der Reinlichkeit oder auch nur des Anstandes gar nicht gering genug vorstellen, und man darf sich nicht dadurch beirren lassen, daß eben diese so kümmerlich in ihren engen Wohnräumen lebenden Bürger in ihren Kirchen, im Rathause und in den Zunftstuben der einzelnen Gewerbe einen erstaunlichen Luxus aufhäuften und an den reichlich wiederkehrenden Feiertagen sich mit einer äußeren Pracht bewegten, die sich wunderlich von der Armut des Alltags abgehoben haben mag.

Der Gewandschneider, der Brauer, der tagsüber mit 1 - 2 Gesellen in seinen engen Räumen waltet, ist gleichzeitig Ratsherr, der einfache Handwerker braucht nur sein Gewand zu wechseln, um als Ältermann seines Gewerkes sogar dem Landesherren gegenüber ein wichtiges Wort zu sprechen.

Ein Bild, welches uns das Stolp des 16. Jahrhunderts zeigt, ist leider nicht vorhanden. Die älteste bekannte Darstellung der Stadt entstammt der Karte Pommerns des Eilhard Lubinus aus dem Jahre 1618.

Ein Stadtplan um 1630 ist in "Stolp von 1600-1650" von Dr. Richard Schuppius wiedergegeben, den der Vermessungsdirektor Laudan zusammengestellt hat.

Der von mir in der handgeschriebenen Familiengeschichte gezeichnete Plan stellt einen etwas älteren Zustand dar und zwar vor der Anlage der am Beginn des 30 jährigen Krieges ausgeführten Erweiterung.

Als ein kleines Berlin hat die Stadt, die nachweislich fast 200 Jahre die Heimat unserer Vorfahren war, damals nicht gelten können. Aus der Zeit ist auf uns noch der folgende Spottvers überliefert:

"Wo kommen denn alle Kassuben her?
Es sind so viel wie Sand am Meer,
Aus Stolp, aus Stolp, aus Stolp."

Witzige Zungen sagten damals auch, man solle in Stolp nicht tanzen, "denn in Stolp tanze man mit stolpern".

Ferner wird berichtet, daß in der Kassubenstraße in einem Garten ein Bildnis des heiligen Christoph stand. Allerdings ließ man es an der nötigen Achtung vor diesem Kunstwerk fehlen, denn ungezogenen Knaben wurde angedroht, die müßten den Christoph auf die Verlängerung des Rückens Küßen. (N.B. Die Kassuben, ein slavischer Volksstamm, saß zwischen Weichsel und Persante.

Ihre Herzöge regierten Danzig. Als 1295 das Fürstenhaus ausstarb, kam das Land als Pomerellen 1309 an den deutschen Orden. In ihm gründeten viele Deutsche, darunter Stolper, Ortschaften).

In der Zeit von Hans, Jost II. und Bernd Gruwelke, also etwa vom 1600 - 1660 waren die städtischen Verwaltungsverhältnisse nach den Akten des Ratsarchives folgende:

Die Stadt wurde von 3 Bürgermeister und 9 Ratsherren verwaltet. Die Nachfolger von Bürgermeistern und Ratsherren wurden von dem Bürgermeister selbst bestimmt. Sie mußten alten, eingesessenen Familien entstammen. Der regierende Bürgermeister wurde auf ein Jahr genannt. Formell gaben auch die Ratsherren nach Ablauf eines Jahres ihr Dezernat auf, wurden aber wenigstens dreimal wiedergewählt.

Von den 9 Ratsherren waren 2 Kämmerer, deren einer die Einnahmen und Ausgaben, der andere den Grundbesitz betreute, einer war Gerichtsvogt und Leiter des Unterichts.

Aufgabe der 6 anderen war:

Die Obervormundschaft (Pupillenherr), Aufsicht über den Markt (Fleisch- und Brotherr), Wasserversorgung und Feuerwehr (Feuer- und Binnenherr), Hafenverwaltung in Stolpmünden (Bollwerksherr), Landwirtschaft im Stadtgebiet (Gildenmeister der Bauleute), Verwaltung des Kirchen- und Hospitalvermögens (Kirchenprovisor).

Ein unmittelbarer Einfluß der Bürgerschaft auf die Verwaltung war theoretisch in der Bürgerversammlung gegeben. Seit 1600 hat der Rat aber keine einberufen.

Nur in verschiedenen Kommissionen, -Binnenherr, Provisor der Kirchen und Spitäler - saßen Vertreter der Bürgerschaft, doch hatten sie nur über Fragen zu beschließen, die der den Vorsitz führende Ratsherr ihnen vorlegte.

Das Aufgabengebiet der Verwaltung der damaligen Zeit geht aus dem Etat des städtischen Haushaltes des Jahres 1619/20 hervor.

Zur Erläuterung sei vorausgeschickt, daß die wichtigste Einnahmequelle die Landwirtschaft war.

Die Bauern waren Leibeigene und betrieben die Landwirtschaft und Viehzucht pp. auf der Stadt gehörigen Bauerngütern.

Sie konnten auch auf anderen Bauernhöfe versetzt werden, mußten sich aber auch für einen and-eren Dienst für die Stadt bereit halten, wenn sie sich nicht für 50 - 60 Fl. frei kauften.

Einnahmen der Stadt:                                                                      Schl.   Fl.

Gemeine Einnahme                                                                             17     47
Einnahmen von der Leibeigenschaft                                                        40   
Einnahmen wegen der Bürgerschaft                                                 39    32
Einnahme Bruch                                                                                      1    16
Ziegelwerk vor der Stadt                                                                   134    16
  "         im Überlauf                                                                                47    24
Einnahmen für Mauerkalk                                                                162    31
AbnutzungStadthof und Scheunen                                                 174     5
Abnutzung des Leitzerhofes und Scheunen                                  353     5
Schneidermühle                                                                                       4    46
Abnutzung Damnitzer Schäferei und Scheunen                          936    42
Abnutzung Sterlingschen Schäferei und Scheunen                     661    11
Abnutzung Strickhäger Hofes und Scheunen                               176    31
Abnutzung Lülleminschen Schäferei und Scheunen                  667      9
Einnahmen des Honigs                                                                                34   
Leitzer Grenzholz                                                                                118    --
Stolpmündescher Schoß, Krugpacht, Landpacht und Gartenzins      23    
Bautenpracht und Dienstgeld                                                                   166    
Buden, Keller, Gewerken, Schorren,
Stangen, Gerbhäuser und Wiesenzins                                           138    30
Bürger und Vorschoß                                                                         153   
Altenstädter Schoß                                                                                14    32
Einnahmen der Papiermühle                                                            111     5
Alter und neuer Weinkeller                                                                         --   
                                 ­­­­­­­­­­­­
                                                                                                               4178    --
                                                                                                      ============

Ausgaben der Stadt:                                                                              Fl.  Schl.

Gemeine Ausgabe                                                                                346    20
Elemosinen (Almosen)und Honorarien                                             37    42
Ausgaben des Grenzholzes uffm Zingelhof                                     13    14
Ausgaben des Bauern verordnetes Bier                                           109    46
Ausgaben des Leitzer Grenzholzes                                                     52    34
  "       des Kellerlowen                                                                            13    --
Besatzung und Besserung der wüsten Höfe                                      24    14
Ausgaben des Stadthofes                                                                     121     6
 "       des Leitzhofes                                                                                 89    17
         der Schmidemühle                                                                           7    34
 "       Damnitzer Hofes und Schäferei                                                121    27
Ausgaben der Papiermühle                                                                     5     4
 "       Sterlimschen Hofes und Schäferei                                            110    19
Ausgaben Lülleminschen Hofes und Schäferei                                 90     2
Ausgaben Strickerhäger Hofes                                                              42     16
Ziegelwerk vor der Stadt                                                                       125    20
Ziegelwerk im Überlauf                                                                           60    34
Ausgaben für Kalkstein                                                                          251    19
Pottenlohn                                                                                                   26    15
Advokaten und Prokuratorenbesoldungen                                         46     8
Medikus                                                                                                       46    21
Sekretarius                                                                                                   94   
Untergerichtssekretarius                                                                             3    --
Kunstpfeiffer                                                                                                 5    --
Stadtarzt                                                                                                         5    --
Stadtdiener                                                                                                124    9

Stadtzimmermann                                                                                   148    36
Stadtmaurer                                         339  35
Kleinschmied                                                                                              80    13
Grobschmied                                                                                            116   32
Böttcher                                                                                                        17     4
Uhrmacher                                                                                                102    18
Tischler                                                                                                        69    20
Rademacher                                                                                                11    40
Steinbrügger (Steinsetzer)                                                                         5    34
Lademacher                                                                                                  4     --
Glaser                                                                                                           29    24
Riemer und Sattler                                                                                     72   17
Nagelschmied                                                                                              14   32
Hötter                                                                                                               7  36
Bäcker                                                                                                              2 44
Gräber                                                                                                           19   --
Nachrichter                                                                                                    1    --
Zinsen                                                                                                         178    --
Gerichtsexpensen                                                                                     191    12
Post und Reisen                                                                                        876    34
                                                                                                                ____________
                                                                                                                    4362   27
                                                                                                                ==========

Über die Deckung des Defizits von 184 Fl. 27 Schl. ist nichts gesagt. Die ungewöhnlich hohen Ausgaben für Post und Reisen werden verständlich, wenn man bedenkt, daß zum Beispiel 1619 zwei Ratsherren auf einer Dienstreise nach Stettin außer 78 Fl. Bargeld mitnahmen:

Einen Schinken, 8 Pfund Trockenfleisch, 1 trockenen Schweinskopf, 1 Mettwurst, 2 Schweinefüße, 12 Pfund frisches Rindfleisch, 8 Pfund Butter, ein halbes Lamm.

Dabei wurden Kosten der Herberge noch mit 13 FL. besonders berechnet.

Im allgemeinen war die Buchführung ziemlich liederlich. Der Stadtverwaltung war ja niemand verantwortlich.

Das Recht wurde in kleineren Angelegenheiten von dem Untergericht gesprochen das ein Ratsherr mit Assessoren leitete. Berufsinstanz war das Obergericht, das gleichzeitig für Streitobjekte über 20 Fl. und Kapitalverbrechen zuständig war. Es wurde von dem ganzen Rat gebildet. Gegen seine Entscheidungen konnte Berufung bei dem Herzoglichen Hofgericht und dem Reichskammergericht eingelegt werden, auch konnte man Rechtsgutachten von Universitäten einholen.

Die Erledigung größerer Sachen dauerte oft viele Jahre, kleinere Angelegenheiten wurden schnell entschieden. Der Täter kam in Haft und wurde nach einigen Tagen mit einer kleinen Geldstrafe entlassen. Vorher mußte er Urfehde schwören, d.h. versprechen, daß er sich nicht rächen werde.

So zum Beispiel ein Fall vom Jahre 1603. "Klaus Tide Bäcker hat gewöhnliche Urfehde geschworen, welcher darum vorgfestern abendt gefengklich eingezogen, daß er sich voll gesoffen, und dar nach allen mutwillen in seinem eigenen Hause ausübet, sein Weib wie auch des Richtvoigts Hans Pritzen Sohn ohne jenige Ursach geschlagen, auch in Hans Pritzens Haus darnach gelaufen allenmutwillen auch schelden und Fuchen uff Hans Pritzen Hausfrau und Kinder, hat zugelobet sein Leben zu bessern und vor vollen saufen zu hüten".

Gartendiebe kamen in die "Wippe", einen Käfig, mit dem sie mehrfach in das Wasser getaucht wurden; Frauen, die einen Mann beleidigt hatten, mußten mit Steinen beladen bei Beginn des Gottesdienstes an der Kirchentür stehen.

Auch der hölzerne Esel war noch im Gebrauch. Lautete das Urteil auf Verweisung aus der Landvogtei Stolp oder aus Pommern, so las der Scharfrichter auf dem Markte folgende Formel vor.

"Ich zitiere dich N.N. hiermit zum ersten, anderen und dritten mahl. Ich schrrye Zeter zu dem ersten mahl über dich als einen losen, leichtfertigen Schelm, Uffrührern, Befehdem und Echtern, so woll überwundenen Waldernern und Bandisirern, und verseise dich hirmitt aus dem herzogs-Fürtentumb und gantzen Pommernland, wie auch aus dem Bischoffthumb Cammin, gentzlich und auf ewig: setze dich uas der Ruhe in die Unruhe, aus dem Frieden in den Unfrieden; erlaube und gebe preis deinen Leib, haab und guth jedermänniglichen Vogell frey, und verwarne einen jedweder sich deines als eines Echters und bandisirenden Schlems, in keine weise noch wegen anzunehmen, nicht zu schützen, weniger zu hausen nach zu hegen, sondern viellmehr auf dein leib, leben, haab und guth alleräußerst dich zu verfolgen, anderen, dergleichen frevelhaften bösen buben zu einer rechtmessigen wahrscheu und Exempell; darnach habe dich und ein jeder zu richten."

Von 1600 - 1650 wurden 34 Todesurteile vollstreckt. Davon waren 18 Hexenverbrennungen. Die Frauen sollten Hexerei oder Böterei (Besprechen) getrieben haben. Am schlimmsten war es in den Jahren 1635 - 1650. So hatten z. B. zwei Frauen Läuse bekommen, einem Barbier war ein Schwein gestorben, ein Maurergeselle war außm Fenster wunderbarlicherweise geworfen." So etwas konnte nur Hexerei verschuldet haben.

Sehr tätig mußte die Bau- und Ordnungspolizei sein.

Die Häuser, auch der besser Situierten hatten meist nur eine Vorder- und Hinterstube. Nach der Straße zu, vielfach auch nicht, den zwischen den Häusern und den in der Mitte liegenden Rinnsteinen mußte ein Wagen fahren können. So kamen Leute auf den polizeiwidrigen Gedanken, als Abortersatz "Kloaken oder Taschen an den Häusern gassenwärts, da ehrliche Leute gehen, anzuhängen.

"Auch Schweineställe versuchten manche an die Vorderfront des Hauses "anzukleben". Derartige bauliche Anlagen mußten manchmal "wegen des Stankes" innerhalb 24 Stunden entfernt werden. Mist aus den Ställen durfte nur 3 Tage auf der Straße liegen, sonst wurde er als städtisches Eigentum abgefahren. Eine besondere Plage bildeten die Schweine, die in grosser Zahl auf den Strassen herumliefen. Sie trieben sich auf Kirchhöfen herum, liefen in die Kirchen usw., bis der Henker das Recht bekam, sie zu erschiessen, wenn er sie auf frischer Tat erwischte. Das Bettlerunwesen nach dem Kriege bekämpfte man, indem man den Bettelvogt mit einer grossen Lederpeitsche ausrüstete.

Die Ansprüche, die unserer Stolper Vorfahren an Ordnung stellten, scheinen also wesentlich geringer gewesen zu sein, als wir es tun. dagegen war der Luxus, der mit Bekleidung beim Feiern von Festen getrieben wurde, erheblich höher.

Es war eine Folge des Wohlstandes, der im allgemeinen in Pommern zwischen der Reformation und den 30 jährigen Krieg geherrscht hatte und die Bürger veranlasste, es den Fürsten und dem Adel gleich zu tun.

Schon Ende des 16. Jahrhunderts wurde daher die "ordnung eines ehrbaren Rahtes zu Stolpe über Kösten, Kindelbiren, Todenwacht, Kleidungen, durch Menniglichen der Stadt Einwohner zu halten" erlassen. Sie wurde 1625 durch eine sehr ausführliche Polizeiverordnung ergänzt.

Diese enthielt genaue Bestimmungen über Hochzeiten. Kindtaufen, Begräbnisse, Kleiderordnung, Feuerordnung.

Die Bürger waren in 4 Klassen eingeteilt:

Erste Klasse:
Bürgermeister, Ratmänner, Adel, Kaufleute der Gewandschneider und Brauerzunft.

Zweite Klasse:
Kaufleute, Notare, Prokuratoren, Stadtgildemeister, Älterleute der Zünfte.

Dritte Klasse: Handwerker.

Vierte Klasse: Tagelöhner, Altstädter, Dienstvolk.

Bei Hochzeiten durfte der Handwerker "nur" 20 Familien einladen. Das Essen sollte nur aus drei Gerichten bestehen und mußte um 7 Uhr beendet sein, der Tanz um 10 Uhr, es sollte aber kein Gast vom Tische nehmen, den Offwärtern geben oder nach Hause senden."

Die Taufe der Kinder sollte erfolgen, nachdem die "Fraven ihrer weiblichen Bürde entbunden und von dem Allerhöchsten mit einer gesunden Leibesfrucht begabt waren" und nicht ihr Kindlein etliche Tage ungetauft liegen lassen, nur dass sie ihre Pracht bei den Kindesfüssen (Tauffeier) desto baß treiben möchten."

Nur drei Paten, "christliche, unberüchtigte Leute" durften genommen werden. Die Tauffeiern wurden ganz verboten.

Bei Begräbnissen durfte kein Essen gegeben werden.

Die Kleiderordnung ist sehr ausführlich, aber zum Teil nicht verständlich, da sie viel unbekannte Fachausdrücke enthält.

Der erste Stand durfte seidene Kleider tragen, aber ohne goldene oder silberne Stickereien und Schnüre. Nur um Hut, Hals und Arm waren Perlen sowie goldene und silberne Schnüren erlaubt.

Dem zweiten Stand waren Sammetkleider verboten, ebenso goldene und silberne Schnüre. Dagegen war Damast gestatten, auch durften die Jungfrauen eine Sammetmütze mit einem Schnürlein Perlen aufsetzen, auch etwas Gold durften sie am Halse tragen. Seidene Strümpfe waren leider verboten.

Des dritten Standes Mannes und Weibes Persohnen sollen alle seidenen Kleider, Perlen und Gold verbotten, Grobgrün aber und Trib zimblich tuch, und was darunter (jedoch was keines mit Schnüren gebrennet seg). Item eine silberne Scheide, Riemen, keine silberne Haken und Ketten, aber an der Brust sich damit zu schnüren, weniger Gold an Halse zu tragen vergönnt sein. Die Weiber sollen auch keine sammete Mützen tragen sondern nur Damasten und, was darunter ist zu erbrauchen, den Verbrecherinnen sollen die Mützen genommen und darzu arbitrarie gestraffet werden.

Zobeln und Mardern uff Schauben und Mützen zu tragen soll diesem Stand auch verbotten und dagegen den Männern nur Füchsenmütze, oder was drunter, den Weibern und Jungfrauen von seidenem trig oder grobgrün Uffschläge an den Schauben zu gebrauchen nachgegeben sein. Wie auch diesem Stande Taftene oder Kartekene Kniebänder und Schurosen, Tafftene Schurtztücher, ausgeschnittene und Coruanische Schuh, Item frembde gestrickte Strümpfe zu tragen verboten sein sollen.

Es sollen auch die Jungfrauen in diesem Stande, wie auch die Mägde in letzten Stande, keine gute so wenig als unechte Perlen uff dem Haupte tragen, sondern diese sollen sich an einem Sammetenen Peele, die folgenden an einem halbseidenen Bendelein begnügen lassen. Ein gülden Ringlein, einen Dukaten oder Cronschwer kan dieses dritten standes Persohnen zu tragen, jedoch ohne einen Stein, er sey gut oder schlecht vergönnt sein.

Trotz der Not nach dem 30 jährigen Kriege wurde gegen diese Bestimmungen verstossen, so daß sich 1646 der Rat veranlasst sah, bei Androhung von 100 Taler Geldstrafe die Verordnung in Erinnerung zu bringen.

Von der Feuerordnung sei nur erwähnt, daß der praktische Löschdienst den Klein- und Grobschmieden und anderen Gewerken oblag, die "die Sparren alsfort in Anfang niederhauen sollten; auch sollte eine "der neulich erfundenen großen Wasserprützen erkauft werden."

An Schulen gab es die sogenannte deutsche Schule für den Unterricht der Kinder der unteren Stände in den Anfangsgründen. Die Tätigkeit eines Lehrers scheint nicht besonders hoch eingeschätzt gewesen zu sein, denn seine Dienstwohnung war nicht ein Haus, sondern eine "Bude" , wie man die etwa 3 x 5 m großen Wohnhütten mit nur einem Wohnraum nannte, daneben gab es 2 - 3 sogenannte Winkelschulen, die von dem Lehrer der amtlichen Schule natürlich bekämpft wurden.

Sehr angesehen war schon seit dem 16. Jahrhundert die Latein- oder Gelehrtenschule, die von Kirche unterhalten wurde und in einem stattlichen Gebäude mit kupfergedecktem Turme untergebracht war.
Unterricht war von 7 - 12 und dann von 1 Uhr ab. Nur Mittwoch nachmittag war frei. Lehrer und Schüler durften in der Schule nur latainisch sprechen, wer dagegen verstieß, bekam die Rute zu fühlen, für deren Anschaffung in manchem Jahre ein besonderer Ausgabeposten eingesetzt war.
Wir humanistischen Gymnasiasten würden also dort eine klägliche Rolle gespielt haben.

Es gab 4 Klassen, Septima bis Quarta. Die Schüler gehörten allen denkbaren Altersstufen an. So erklärte es sich, daß zum Beispiel 1624, während die Lehrer im Nebenzimmer versammelt waren, die hoffnungsvollen Jünglinge statt zu arbeiten, sich damit vergnügten "Buhlenlieder" zu singen und auf den Hausschlüsseln zu pfeifen.

Der Unterlehrer machte deshalb zu dem Rektor die bissige Bemerkung: er solle sich doch mehr um seine Jungens kümmern, und als er eine grobe Antwort bekam, tat er den Ausspruch:
Domine Rector, in te nihil est honestatis, pudoris et verecundiae". Darauf wurde er entlassen.
Der Unterricht erstreckte sich in Klasse:
7. auf Lesen, Schreiben, lateinische Grammatik mit Deklination,
6. Fortsetzung des latainischen Unterrichtes, Beginn des Griechischen.
5. und 4. Vergils Bucolica und Georgica, Confessio Augustana und Disputationen, Ciceros Reden und Briefe, Neues Testament in griechisch.
Auch Musik wurde getrieben und Theater gespielt.

 

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